Ein Beispiel dafür, wie Politik funktioniert – und wie kompliziert es ist, etwas zu bewegen.
Ein Vorschlag der Verwaltung
Am 08.12.2014 stellte die Verwaltung eine Vorlage in das Ratsinformationssystem der Stadt Salzgitter „Allris“ ein. Darin schlägt sie vor, die sanierungsbedürftige Museumstraße zwischen Gänsebleek und Mindender Straße „grundhaft zu sanieren“. In einem zweiten Punkt wird der Ausbau des parallen (etwas abseits der Museumstraße) verlaufenden Fußweges vorgeschlagen – um diesen Weg geht es in diesem Beitrag. Der Weg soll gepflastert werden und eine Beleuchtung erhalten.
Solche innerörtlichen Verbindungswege gibt es in Salder kaum. Auch die Fußwege entlang vieler Straßen sind nicht gepflastert und/oder können aufgrund geringer Breite und mittig aufgestellter Schilder- oder Laternenpfähle nur eingeschränkt benutzt werden.
Der Ortsrat Nord entscheidet
Der Ortsrat sollte schon am 07.01.2015 (knapper Termin, Weihnachtszeit) über die Vorlage entscheiden. Deshalb haben einige Ortsräte sehr kurzfristig versucht eine Bürgerinformationsveranstaltung im Vereinsheim Vfl-Salder abzuhalten — um wenigstens einige Bürgermeinungen einzufangen.
Eingeladen wurden hierzu meines Wissens hauptsächlich Anwohner der Museumstraße. Nach einiger Diskussion stimmten die anwesenden etwa 25 Salderaner dem Vorschlag der Verwaltung zu einer Sanierung der Museumstraße zu — allerdings sollten Längsparkflächen eingerichtet werden, der Radverkehr sollte auf Radfahrerschutzstreifen geführt werden.
Die Pflasterung und Beleuchtung des parallelen Fußweges (ironisch als Hunde-Kacka-Weg bezeichnet) wurde von den meisten Anwesenden befürwortet und ausdrücklich als wesentlicher Bestandteil in die Abstimmung mit einbezogen.
Der Ortsrat Nord berücksichtigt im Folgenden die Wünsche der Salderaner und passt die Verwaltungsvorlage mit einem Änderungsantrag an. Der Hunde-Kacka-Weg soll nach Punkt 2 wie im Verwaltungsvorschlag weiterhin ausgebaut werden.
Der Rat übergeht Ortsrat und Bürger
Am 28.01.2015 beschließt der Rat der Stadt Salzgitter nun plötzlich das Aus. Der Wegfall der Sanierung des Hunde-Kacka-Weges (Punkt 2 ist ersatzlos gestrichen) wird mit einem Änderungsantrag beschlossen.
Wie kann das sein? Was ist passiert?
Es wird gemunkelt, dass einige Anwohner des Weges telefonisch bei der Stadtverwaltung oder den Ratsfraktionen geäußert hätten, dass sie aufgrund des beleuchteten Weges abendlichen Lärm von Jugendlichen befürchteten.
Tja, ein Argument muss nicht stichhaltig sein, es muss nur da sein.
Eine sogenannte Einwohnerfrage, die ich an die entscheidenden Ratsfraktionen gerichtet hatte, wurde mir in der Ratssitzung am 01.12.1015 wie folgt beantwortet:
Insbesondere von Seiten der Anlieger dieses Weges wurde gegenüber Mitgliedern der Ratsfraktionen geäußert, dass der Weg wenig frequentiert sei und es insbesondere durch eine Beleuchtung verstärkt zu nächtlichen Störungen kommen könnte..
Der Rat entschied sich gegen diese Maßnahme, weil die Akzeptanz einer Ausgabe von 200.000 € für diese Maßnahme bei den Bürgerinne und Bürgern in Salder nicht zu erkennen war und die Verhältnismäßigkeit in Frage gestellt wurde.
Diese Antwort halte ich nicht nur für zynisch. Sie ist einfach unverschämt und unerträglich. Gleich mehrere Ratsfraktionen (auch die meiner Partei SPD) trauen sich, ein solches Pamphlet als Antwort abzugeben.
Es verwundert nicht, dass weder meine Frage noch die Antwort (siehe Verlinkung oben) im Ratsinformationssystem Allris veröffentlicht werden.
Eine unbelegte Behauptung („… wenig frequentiert…“) und eine vage Befürchtung („… verstärkt[e] […] nächtlich[e] Störungen…“) Einzelner reichen aus, solch eine – für unseren Ort wichtige – Infrastrukturmaßnahme zu kippen.
Wie sollen sich die Organisatoren der Bürgerversammlung, die teilnehmenden Bürger, die Mitglieder des Ortsrates Nord und andere engagierte Gruppen fühlen, wenn Ihre Arbeit und Ihre Abstimmungsergebnisse überhaupt nicht zur Kenntnis genommen und letzten Endes einfach übergangen werden?